Geschichten

eine Handvoll Bohnen

eine Handvoll Bohnen

Eine Handvoll Bohnen

Eine weise, alte Frau lebt zufrieden in ihrer kleinen Hütte. Eines Tages kommen die Kinder des Dorfes zu ihr. Schüchtern stehen sie am Gartenzaun. Die Frau, die das aufgeregte Wispern natürlich längst wahrgenommen hat, wartet geduldig, bis sich eines der Kinder traut, sie anzusprechen.

„Die Leute im Dorf sagen, dass du reich bist.“ sagt das Kind. „Warum lebst du dann in dieser kleinen Hütte und nicht in einem großen Schloss?“ Nachdenklich blickt die alte Frau die Kinder an. „Sagen die Leute das? Nun, sie meinen damit nicht, dass ich viel Geld habe. Ich habe viel Freude am Leben – und deshalb bin ich reich.“

Nicht viel Geld und trotzdem reich? Wie war das zu verstehen? Die Kinder schauen erstaunt. „Soll ich euch mein Geheimnis verraten?“ fragt die Frau. Erwartungsvolles Nicken bei den Kindern. Natürlich wollen sie das Geheimnis wissen! Die Frau greift in die linke Tasche ihrer Weste und holt eine Handvoll Bohnen heraus.

„Das ist das Geheimnis meines Glücks und meines Reichtums:

Jeden Tag, wenn ich aufstehe, stecke ich eine Handvoll Bohnen ein – in die linke Tasche. Und jedes Mal, wenn mir etwas gut gefällt und es mein Herz berührt, nehme ich eine Bohne und lege sie in meine rechte Tasche. Zum Beispiel wenn ich mich darüber freue, wie prächtig die Rosen in meinem Garten blühen – eine Bohne in die rechte Tasche. Wenn ein Vogel singt – eine Bohne. Wenn ein Mensch mich freundlich grüßt oder wenn die Sonne meine Haut wärmt – wieder eine Bohne. Am Abend nehme ich all die Bohnen dieses Tages aus meiner rechten Tasche. Ich erinnere mich daran, wie viel Gutes und Schönes ich an diesem Tag erlebt habe und sage Gott „Danke“ dafür. Die Dankbarkeit macht mich reich! … Wartet einen Moment! Ich hole etwas für euch…“

Still und staunend schauen die Kinder der alten Frau nach, die im Haus verschwindet. Die Dankbarkeit macht sie reich?! Mit einem Körbchen voller Bohnen taucht da die Frau schon wieder in der Haustür auf. Jedem Kind hält sie das Körbchen hin und jeder steckt eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Und was tut die Frau, als die Kinder kurze Zeit später fröhlich abmarschieren? Sie nimmt nicht nur eine Bohne sondern sogar zwei aus der linken Tasche und legt sie in die rechte.

Quelle: Verfasser unbekannt 

Die Kristallkugel

Die Kristallkugel

Die Kristallkugel

Ein Märchen der Brüder Grimm Brüder Grimm.

Es war einmal eine Zauberin, die hatte drei Söhne, die sich brüderlich liebten: aber die Alte traute ihnen nicht und dachte, sie wollten ihr ihre Macht rauben. Da verwandelte sie den ältesten in einen Adler, der mußte auf einem Felsengebirge hausen, und man sah ihn manchmal am Himmel in großen Kreisen auf- und niederschweben. Den zweiten verwandelte sie in einen Walfisch, der lebte im tiefen Meer, und man sah nur, wie er zuweilen einen mächtigen Wasserstrahl in die Höhe warf. Beide hatten nur zwei Stunden jeden Tag ihre menschliche Gestalt. Der dritte Sohn, da er fürchtete, sie möchte ihn auch in ein reißendes Tier verwandeln, in einen Bären oder einen Wolf, so ging er heimlich fort. Er hatte aber gehört, daß auf dem Schloß der goldenen Sonne eine verwünschte Königstochter säße, die auf Erlösung harrte: es müßte aber jeder sein Leben daran wagen, schon dreiundzwanzig Jünglinge wären eines jämmerlichen Todes gestorben und nur noch einer übrig, dann dürfte keiner mehr kommen. Und da sein Herz ohne Furcht war, so faßte er den Entschluß, das Schloß von der goldenen Sonne aufzusuchen. Er war schon lange Zeit herumgezogen und hatte es nicht finden können, da geriet er in einen großen Wald und wußte nicht, wo der Ausgang war. Auf einmal erblickte er in der Ferne zwei Riesen, die winkten ihm mit der Hand, und als er zu ihnen kam, sprachen sie: „Wir streiten um einen Hut, wem er zugehören soll, und da wir beide gleich stark sind, so kann keiner den andern überwältigen: die kleinen Menschen sind klüger als wir, daher wollen wir dir die Entscheidung überlassen.“ – „Wie könnt ihr euch um einen alten Hut streiten?“ sagte der Jüngling. „Du weißt nicht, was er für Eigenschaften hat, es ist ein Wünschhut, wer den aufsetzt, der kann sich hinwünschen, wohin er will, und im Augenblick ist er dort.“ – „Gebt mir den Hut,“ sagte der Jüngling, „ich will ein Stück Wegs gehen, und wenn ich euch dann rufe, so lauft um die Wette, und wer am ersten bei mir ist, dem soll er gehören.“ Er setzte den Hut auf und ging fort, dachte aber an die Königstochter, vergaß die Riesen und ging immer weiter. Einmal seufzte er aus Herzensgrund und rief: „Ach, wäre ich doch auf dem Schloß der goldenen Sonne!“ Und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand er auf einem hohen Berg vor dem Tor des Schlosses.

Er trat hinein und ging durch alle Zimmer, bis er in dem letzten die Königstochter fand. Aber wie erschrak er, als er sie anblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rote Haare. „Seid Ihr die Königstochter, deren Schönheit alle Welt rühmt?“ rief er aus. „Ach,“ erwiderte sie, „das ist meine Gestalt nicht, die Augen der Menschen können mich nur in dieser Häßlichkeit erblicken, aber damit du weißt, wie ich aussehe, so schau in den Spiegel, der läßt sich nicht irre machen, der zeigt dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.“ Sie gab ihm den Spiegel in die Hand, und er sah darin das Abbild der schönsten Jungfrau, die auf der Welt war, und sah, wie ihr vor Traurigkeit die Tränen über die Wangen rollten. Da sprach er: „Wie kannst du erlöst werden? ich scheue keine Gefahr.“ Sie sprach: „Wer die kristallne Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine wahre Gestalt zurück. Ach,“ setzte sie hinzu, „schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und du junges Blut, du jammerst mich, wenn du dich in die großen Gefährlichkeiten begibst.“ – „Mich kann nichts abhalten,“ sprach er, „aber sage mir, was ich tun muß.“ – „Du sollst alles wissen,“ sprach die Königstochter, „wenn du den Berg, auf dem das Schloß steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochs stehen, mit dem mußt du kämpfen. Und wenn es dir glückt, ihn zu töten, so wird sich aus ihm ein feuriger Vogel erheben, der trägt in seinem Leib ein glühendes Ei, und in dem Ei steckt als Dotter die Kristallkugel. Er läßt aber das Ei nicht fallen, bis er dazu gedrängt wird, fällt es aber auf die Erde, so zündet es und verbrennt alles in seiner Nähe, und das Ei selbst zerschmilzt und mit ihm die kristallne Kugel, und all deine Mühe ist vergeblich gewesen.“

Der Jüngling stieg hinab zu der Quelle, wo der Auerochse schnaubte und ihn anbrüllte. Nach langem Kampf stieß er ihm sein Schwert in den Leib, und er sank nieder. Augenblicklich erhob sich aus ihm der Feuervogel und wollte fortfliegen, aber der Adler, der Bruder des Jünglings, der zwischen den Wolken daherzog, stürzte auf ihn herab, jagte ihn nach dem Meer hin und stieß ihn mit seinem Schnabel an, so daß er in der Bedrängnis das Ei fallen ließ. Es fiel aber nicht in das Meer, sondern auf eine Fischerhütte, die am Ufer stand, und die fing gleich an zu rauchen und wollte in Flammen aufgehen. Da erhoben sich im Meer haushohe Wellen, strömten über die Hütte und bezwangen das Feuer. Der andere Bruder, der Walfisch, war herangeschwommen und hatte das Wasser in die Höhe getrieben. Als der Brand gelöscht war, suchte der Jüngling nach dem Ei und fand es glücklicherweise: es war noch nicht geschmolzen, aber die Schale war von der plötzlichen Abkühlung durch das kalte Wasser zerbröckelt, und er konnte die Kristallkugel unversehrt herausnehmen.

Als der Jüngling zu dem Zauberer ging und sie ihm vorhielt, so sagte dieser: „Meine Macht ist zerstört, und du bist von nun an der König vom Schloß der goldenen Sonne. Auch deinen Brüdern kannst du die menschliche Gestalt damit zurückgeben.“ Da eilte der Jüngling zu der Königstochter, und als er in ihr Zimmer trat, so stand sie da in vollem Glanz ihrer Schönheit, und beide wechselten voll Freude ihre Ringe miteinander.

Das Geheimnis der Zufriedenheit

Das Geheimnis der Zufriedenheit

Das Geheimnis der Zufriedenheit

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Es kamen ein paar Suchende zu einem alten Zenmeister.

„Herr“, fragten sie „was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so glücklich wie du.“

Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: „Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich.“

Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: „Bitte, treibe keinen Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?“

Es kam die gleiche Antwort: „Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich.“

Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend, fügte der Meister nach einer Weile hinzu: „Sicher liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst. Aber während Ihr liegt, denkt Ihr schon ans Aufstehen. Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht und während Ihr geht, fragt Ihr Euch, was Ihr essen werdet. So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade seid. In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein.“

Quelle: nach einer zenbuddhistischen Parabel

Das Märchen vom strahlenden Monat Januar

Das Märchen vom strahlenden Monat Januar

Mit dieser Geschichte von Elke Bräunling lade ich den Jänner ein uns noch einmal eine zauberhafte Glitzer-Winterlandschaft zu schenken…

 

Das Märchen vom strahlenden Monat Januar

 

 

Wintermärchen – Ein neues Jahr beginnt und ein neuer Monat, der Januar, stellt sich vor. Pssst! Er ist sehr selbstbewusst und er weiß, was er will. Er hat auch große Pläne, neue Ideen, mächtige Vorsätze und viel Kraft, um das Land zu verändern. Eine andere Farbe will er ihm verleihen, und die ist nicht nur schneeweiß …

 

“Eigentlich”, sagte der Januar, “bin ich ein sanfter Monat. Ein weißer. Ein kluger. Und das sanfte weise Weiße bringe ich mit. Ich decke mein Land mit einer schützenden Schneeschicht zu, die Seen und Teiche verschließe ich mit einer eisigen Pforte. An manchen Tagen werfe ich meine Schneeflocken und Eiskristalle auch auf Straßen und Wege. Dann legt sich Stille über meine weiße Welt. Eine gemächliche Stille, die nur ein langsames Fortkommen gewährt. Die Natur holt Atem, ruht sich aus, und auch die Menschen halten inne. Jaaaaa!” Er dehnte dieses ‚Ja’ in die Länge und sah seine Monatskollegen bedeutungsschwer an.
Die schwiegen ergriffen – oder hatte ihnen die Eitelkeit des jungen Kollegen die Sprache verschlagen? Egal. Dem Januar war es gleichgültig. Er, der junge Monat mit dem hellen Gewand, durfte das Jahr beginnen.
“Jaaaaa!”, rief er, lauter nun, in die Winterwelt hinaus. “Ich bin einzigartig, schön und strahlend. Ich, der Januar, bin der Monat der feierlichen Stille. Und dennoch komme ich mit einem Paukenschlag. Die Menschen begrüßen mich mit Jubel und Feuerwerk. Weil sie sich auf mich freuen. Auf mich und auf das neue Jahr, das ich ihnen mitbringe. Ich nämlich bin der Schöne und der Neue. Oder”, fast kicherte er nun, “der neue Schöne!”
“Unsinn!”, unterbrach ihn der Dezember. Er war gekränkt. So viel Mühe hatte er sich mit all seinen Festen gegeben! Glaubte denn der Januar, dieser Schnösel, die Menschen freuten sich mit Feuerwerk über sein Ende? “Ich!“, rief er laut. „Ich wurde geliebt. Die Menschen feiern mich deshalb am letzten Tag meiner Dezemberzeit mit einem fröhlichen Fest. Du aber musst dich erst beweisen, Kollege Januar.”
“Jeder muss sich beweisen”, protestierte der Januar. “An jedem Tag. Und ich …“
Die anderen Monate stöhnten. Sie fühlten sich etwas genervt.
“Tu das!”, brummten sie.
Und der Juni fügte hinzu: “Reden ist Silber, Schweigen Gold.”
“Und Handeln ist weiß”, sagte der Januar. Er sagte es nur leise, doch er nahm sich vor, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Voller Eifer rief er seine Helfer, die Schneeflocken und Eiskristalle, herbei und schmückte sein Land mit einem blendenden Weiß. Dann rief er seine helle Freundin, die Sonne, aus dem Süden zurück. Jeden Tag ein kleines Stück näher. Ihre Strahlen bemalten das Land mit Abermillionen funkelnder Schneeflockensternchen und verwandelten die Januarwelt in eine prachtvolle weiße Glitzerfunkelwelt. Toll sah das aus.
Der Januar triumphierte. “Und?”, rief er seinen Kollegen zu. “Entspricht mein Tun nun euren Erwartungen von einem ersten Monat im Jahr?”
Die Monate aber schwiegen. Längst hatten sie sich in weiser Stille in Winterschlaf begeben. Beifall erhielt der strahlende Januar nur vom Februar, der auf einem Koffer voller bunter Gewänder saß und mit einem, wie es schien, närrischen Grinsen applaudierte.

© Elke Bräunling

 

Frau Holle – Ein Märchen der Brüder Grimm

Frau Holle – Ein Märchen der Brüder Grimm

Frau Holle – Ein Märchen der Brüder Grimm

Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein. Das arme Mädchen mußte sich täglich auf die große Straße bei einem Brunnen setzen und mußte so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die Spule einmal ganz blutig war, da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen; sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Sie schalt es aber so heftig und war so unbarmherzig, daß sie sprach: „Hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.“ Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wußte nicht, was es anfangen sollte; und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es erwachte und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese, wo die Sonne schien und vieltausend Blumen standen. Auf dieser Wiese ging es fort und kam zu einem Backofen, der war voller Brot; das Brot aber rief: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich: ich bin schon längst ausgebacken.“ Da trat es herzu und holte mit dem Brotschieber alles nacheinander heraus. Danach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Äpfel, und rief ihm zu: „Ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“ Da schüttelte es den Baum, daß die Äpfel fielen, als regneten sie, und schüttelte, bis keiner mehr oben war; und als es alle in einen Haufen zusammengelegt hatte, ging es wieder weiter. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm angst, und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach: „Was fürchtest du dich, liebes Kind? Bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir’s gut gehn. Du mußt nur achtgeben, daß du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt; ich bin die Frau Holle.“ Weil die Alte ihm so gut zusprach, so faßte sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das Bett immer gewaltig, auf daß die Federn wie Schneeflocken umherflogen; dafür hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig und wußte anfangs selbst nicht, was ihm fehlte, endlich merkte es, daß es Heimweh war; ob es ihm hier gleich vieltausendmal besser ging als zu Haus, so hatte es doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr: „Ich habe den Jammer nach Haus gekriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muß wieder hinauf zu den Meinigen.“ Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, daß du wieder nach Haus verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen.“ Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so daß es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist,“ sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus; und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief:

„Kikeriki,
Unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.“

Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester gut aufgenommen.

Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war, und als die Mutter hörte, wie es zu dem großen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern, häßlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen. Sie mußte sich an den Brunnen setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und stieß sich die Hand in die Dornhecke. Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken.“ Die Faule aber antwortete: „Da hätt ich Lust, mich schmutzig zu machen,“ und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“ Sie antwortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen,“ und ging damit weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tag tat sie sich Gewalt an, war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde; am zweiten Tag aber fing sie schon an zu faulenzen, am dritten noch mehr, da wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie machte auch der Frau Holle das Bett nicht, wie sich’s gebührte, und schüttelte es nicht, daß die Federn aufflogen. Das ward die Frau Holle bald müde und sagte ihr den Dienst auf. Die Faule war das wohl zufrieden und meinte, nun würde der Goldregen kommen; die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor, als sie aber darunterstand, ward statt des Goldes ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste,“ sagte die Frau Holle und schloß das Tor zu. Da kam die Faule heim, aber sie war ganz mit Pech bedeckt, und der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief:

„Kikeriki,
Unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.“

Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und wollte, solange sie lebte, nicht abgehen.

 

ZUM GLÜCKLICHSEIN ENTSCHIEDEN

ZUM GLÜCKLICHSEIN ENTSCHIEDEN

ZUM GLÜCKLICHSEIN ENTSCHIEDEN

Eine 93-jährige Dame hatte sich entschlossen, ihren Wohnsitz in ein Seniorenheim

zu verlegen. Eine freundliche Pflegerin brachte sie zu ihrem Zimmer. Auf dem Weg

dorthin beschrieb sie, wie es eingerichtet sei. „Ich weiß, dass mir das Zimmer

gut gefällt und ich freue mich darauf“, sagte die Ältere. Dann erklärte

die Angestellte ihr die Wahlmöglichkeiten der Speisen. „Ich weiß, dass die

Küche gut ist und mir alles schmecken wird.“ Sichtlich irritiert fragte die

Jüngere: „Aber, Sie waren doch noch nie bei uns. Wie können Sie dann

wissen, dass alles zu Ihrer Zufriedenheit sein wird?“

„Wissen Sie, vor vielen Jahren musste ich lernen, dass vieles im Leben

nicht so kommt, wie man es erwartet. Daher habe ich beschlossen, jeden

Tag so anzunehmen, wie er ist, so als hätte ich ihn mir genauso gewünscht.

Und glauben Sie mir, ich hätte in meinem Leben genug Gründe zum Jammern

gehabt, aber das hätte mir auch nicht geholfen und mich womöglich

noch krank gemacht. Ich wollte nicht länger unglücklich sein, so habe ich

mich zum Glücklichsein entschieden.

Daher bin ich jeden Morgen dankbar für alles, was der Tag mir bringen möge.

Jeden Abend bedanke ich mich für alles, was mir der Tag geschenkt hat.“

Aus dem Buch von Gisela Rieger: Die Sonnenseiten des Lebens

SEIN BESTES GEBEN …

SEIN BESTES GEBEN …

SEIN BESTES GEBEN …

Eine alte Frau ging durch ihren Garten und wurde traurig. Obwohl der Frühling schon längst ins Land gezogen war, wollte ihr einst grünes Paradies nicht erblühen. Stattdessen sah sie nur welkende Blumen und sterbende Bäume. Die Frau konnte nicht verstehen, was geschehen sein mochte. So fragte sie sämtliche Bäume, Sträucher und Blumen, weshalb sie nicht mehr leben wollten.
Da plapperten plötzlich alle durcheinander: Die Birke wollte nicht mehr leben, da sie nie so groß werden würde wie die Eiche. Die Eiche wollte nicht mehr sein, weil sie keine Äpfel tragen konnte. Der Apfelbaum wollte im Winter grün sein wie die Tanne. Das Nadelholz hingegen wollte bunt sein wie die Tulpen, und diese verzweifelten, weil sie nie so groß werden konnten wie die Sonnenblumen …

Plötzlich entdeckte die Frau im letzten Winkel ihres Grundstückes einen Hagebuttenstrauch, der in voller Blüte stand. Hunderte von feinen rosaroten Blüten schienen ihr entgegenzulächeln. Sie erkundigte sich bei der Hagebutte, weshalb sie als einzige Pflanze nicht im Sterben lag.

„Ich habe mich taub gestellt, als sich die Gartenbewohner miteinander verglichen, gegenseitig beleidigten und ihre Lebensfreude verloren. Du hast mich selbst gepflanzt, so dachte ich, dass ich auch eine Hagebutte sein soll und kein Rosenstrauch. Da ich eh nichts anderes sein kann, als ich ohnehin bin, gab ich mein Bestes, um die prächtigste Hagebutte zu sein!“

Aus dem Buch von Gisela Rieger: Die Sonnenseiten des Lebens

Brot und Oliven, eine Geschichte über Herzsurvival

Brot und Oliven, eine Geschichte über Herzsurvival

Diese Geschichte von einer lieben Bekannten von mir, Gisela Rieger,  zeigt wie wichtig Survival auf Herzensebene ist, denn sie macht uns frei und unabhängig.

Ich kann ihre Bücher wärmstens empfehlen, mehr von ihr könnt ihr hier erfahren: https://www.gisela-rieger.de/

 

Brot und Oliven

Eines Tages begegneten sich zwei der königlichen Philosophen auf dem Markt. Isaak war gerade dabei, sich Brot und Oliven zu kaufen, denn mehr konnte er sich bei seinem Gehalt nicht leisten.
Sein Kollege Fílippos hingegen war bekannt für seine Schmeicheleien dem König gegenüber und hatte es somit zu einem wohlhabenden Leben gebracht.
Mitleidig sah er auf Isaak herab: »Wenn du endlich lernen würdest, dich etwas unterwürfiger zu zeigen und zu verstehen, den König mit schönen Worten und Schmeicheleien zu erfreuen, dann bräuchtest du dich nicht immer nur von Brot und Oliven zu ernähren.«
Isaak hatte sich gerade genussvoll eine Olive in den Mund geschoben, als er ebenso mitleidig zu Fílippos sprach: »Mein Freund, wenn du gelernt hättest, mit Brot und Oliven auszukommen – dann bräuchtest du dich nicht täglich zu unterwerfen und dem König zu schmeicheln!«

© Aus dem Buch von Gisela Rieger: „111 Herzensweisheiten“ ISBN: 978-3-9819881-0-9

 

Wenn du dich zu begnügen wüsstest,
dann bräuchtest du den Tyrannen
nicht zu schmeicheln.
Diogenes von Sinope; griechischer Philosoph; um 400-323 v. Chr.

 

und noch eine Geschichte von mir:

Wie der Shelter in den Böhmerwald kam

Es war an einem schönen Mai Tag. Die Wolken malten die wunderbarsten Bilder auf den Himmel. Tim und seinem Vater waren gerade auf dem Weg in den Böhmerwald. Sie wollten den Wald erkunden und ihren Orientierungssinn schulen. Walter, Tims Vater, hatte die Idee, dass sie sich den Weg mit Spuren markieren, damit sie wieder zurück zum Auto finden. So bauten sie immer wieder mal mit Stecken tolle Bilder am Wegrand. Tim erfreute sich über die vielen Buchen im Wald, deren Blätter besonders am Anfang des Frühlings besonders lecker schmeckten – die ganz kleinen sind auch im Mai noch köstlich. Irgendwann waren sie so vertieft in die Welt der Vögel eingetaucht, sie lauschten ihren Gesängen, versuchten sie zu imitieren und mit Eulenblick zu entdecken, dass sie ganz darauf vergaßen ihre Spuren zu hinterlassen. Besonders wichtig war es Tim den “Nice to meet you” Vogel zu entdecken. Langsam schien es dunkel zu werden und Tim war auch schon hungrig. So legten sie eine Pause ein. Als ihnen klar wurde, dass sie beide schon seit längerem nicht mehr auf den Weg geachtet hatten, wurde ihnen klar, dass sie in einer echt üblen Situation steckten. Walter holte tollkühn und selbstsicher sein Handy raus und wollte per Navi den Weg zum Auto suchen, doch leider hatte er keine Verbindung. Tim fand das lustig, doch seinem Vater wurde schon Angst und Bang. Tim sagte: “Keine Sorge, ich habe eine gute Idee”. Er erzählte seinem Vater davon, dass sie im Sommercamp gelernt hatten, wie man sich selbst einen Shelter baut und so beschlossen sie die Nacht im Wald im Naturschlafsack zu verbringen und dann am nächsten Morgen gestärkt und ausgeruht bei Tageslicht darüber nachzudenken, wie sie wieder zum Auto zurückfinden.  

Gudruns Kopfschmuck

Gudruns Kopfschmuck

Gudruns Kopfschmuck

Flatterix, eine Spätzin, die im Garten von da Hollastrizi lebt, saß an einem sonnigen Februar Tag in der Trauerweide und war sehr traurig darüber, dass ihr neuer Freund Achim, der Adler, wieder nach Hause in die Berge im Pongau geflogen war.

Nach einer Weile hat Flatterix genug getrauert und folgte dem freudvollen Gedanken ein genüssliches Bad im Bach zu nehmen. Während sie gemütlichen dahinflog mit beachtlichen 30 km/h wurde sie unerwartet von einer schnatternden Ente mit fast 100 km/h gerammt und kam ins Strudeln. Flatterix schimpfte wie ein “Rohrspatz”, was das für eine Unerhörtheit wäre. Spatzen lieben es lauthals zu schimpften, wenn sie verärgert sind. Als die Ente erkannte was sie da in ihrer Unachtsamkeit angerichtet hatte war sie sehr bemüht ihr Bedauern auszudrücken. Da Flatterix ein sonniges Gemüt hatte war ihr Ärger sofort verflogen und sie bewunderte die eindrucksvolle Frisur der Ente – den wäre sie ein Mensch, wäre sie Friseurin geworden. Die Ente stellt sich zunächst mal höflichst mit folgenden Worten vor: “Meine werte Spätzin, meine Freunde nennen mich Gudrun und es tut mir leid sie so wild gerammt zu haben.” Gudrun erklärte mit empören wie sie zu dieser Frisur kam.

Der Erpel hatte ihr diese beschert als er sich mit ihr paaren wollte, was für die Entendamen ein durchaus gefährliches Unterfangen ist. Flatterix war neugierig und wollte mehr darüber wissen. Gudrun, die sehr geschwätzig war, erzählte alles sehr bereitwillig. Mitten im Satz tauchte Gudrun plötzlich ab, so dass nur mehr ihr Schwanz zu sehen war und tauche schmatzend wieder auf: “Wie unhöflich von mir”, sprach sie, “doch bei Flusskrebsen kann ich einfach nicht widerstehen.” So kam es das es Abend wurde und die zwei neugewonnen Freunde sich voneinander verabschiedeten. 2 Wochen später wollte Flatterix Gudrun besuchen, doch sie war gerade beschäftig damit mit Hans einen Nistplatz zu suchen.

Im April war Flatterix mit ihrer Kolonie beschäftig ihren ersten von mehreren Nachwüchsen auszubrüten. Diesmal waren es 6 Eier. Nach 2 Wochen Bebrütung folgten 16 Tage Nestschutz für die kleinen jungen frisch geschlüpften Vogeljungen. 10 Tagen gab es noch Essensversorgung “on the fly” von den Eltern. Endlich hatte Flatterix wieder Zeit für ein genüssliches Bad an ihrer Lieblingsstelle im Bach. Mittlerweile war es schon Mai geworden, alles sprießte und wuchs an diesem herrlichen Frühlingstag und die Vögel sangen, tschirpten zwitscherten, schilpten, scherzten und manche schimpften auch. Genüsslich lauschte Flatterich dem Gesang einer Singdrossel, die sich auf dem Baum in seiner Nähe niedergelassen hatte, während er die kühle Erfrischung genoss. Doch was erblickte er da hinter dem Mädesüß, das war doch Gudrun, sie bebrütete gerade ihren Nachwuchs. Die Freude über das Wiedersehen war groß. 

Wie der Zilp Zalp unsichtbaren Wurm fand

Zilpzalp

ZilpzalpEs war an einem prächtigen Frühlingsmorgen. Die Sonne lachte vom Himmel, der blau leuchtete. Die Vögel waren längst erwacht, schlaue Meise saß gerade am Frühstückstisch und genoß in aller Ruhe ihre Haferflocken mit frischem Obst und Nüssen. Ganz verträumt erinnerte sie sich noch an das tolle Morgenkonzert der Vögel für das sie extra mit gekipptem Fenster schläft, damit sie es ja nicht versäumt. Schlaue Vögel-Kenner wissen nämlich, dass von Ende April bis Anfang Juni besonders viele Arten gleichzeitig zu hören sind. Jede Vogelart hat einen anderen Zeitpunkt für den morgendlichen Gesangsbeginn und orientiert sich dabei an der Tageshelligkeit. Jeden Morgen stimmt jeder Vogel in der gleichen Reihenfolge zu seinem Zeitpunkt in das große morgendliche Vogelkonzert ein. Und dieses anschwellen und zusammensingen aller Vögel lassen das Herz von schlauer Meise höherschlagen – und egal was der Tag bringt mit so einem Start ist sie für alles gewappnet. 

Unsichtbarer Wurm, auch Lukas genannt, ihr 2 Jahre älterer Bruder, stand schon ungeduldig und fertig angezogen in der Garderobe und rief nach seiner Schwester. Er war schon sehr aufgeregt und voller Vorfreude auf die Waldläuferbande, denn heute wollten sie wieder Anschleichen und Hinterhalt spielen – und er war richtig gut darin sich zu tarnen und zu verstecken. 

Endlich im Wald. Mitten im Spiel. Alle waren sehr begeistert bei der Sache. Das Team von Lukas hat schon 2-mal in Serie gewonnen – ihre Verstecke waren so brillant, dass sie immer den Überraschungsmoment für sich nutzen konnten, um das gegnerische Team zu überwältigen. Doch dieses Mal war es anders. Schlaue Meise, die eine enge Verbündete der Vögel war, lauschte und deutete ihren Teamkameraden, dass dort drüber der Zilp Zalp ganz aufgeregt einen Alarmruf wiederholte und sich weit und breit nix rührte und nix zu sehen sei, das kann nur eines bedeuten – er kennt das Versteck der anderen. Und so kam es, dass sich die Gunst des Blattes gewendet hat.0 

Nach einem lustigen und lehrreichen Nachmittag saßen die Waldläufer rund ums Lagerfeuer und lauschten angetan Geschichten über den Zilp Zalp und den verzauberten Tannenzapfen.